nur für Notfälle:  0176 / 70914819

Elton – Für all die Tiere die niemals eine Chance hatten

Natalie:

Die Geschichte von Elton

Am 15.07. klingelte das Telefon. Am anderen Ende war die Stimme einer Bekannten: „Ich brauche deine Hilfe. Ich habe ein Kätzchen gefunden.“ Schon nach wenigen Nachfragen zeichnete sich eine dramatische Situation ab. In einem Haushalt im Landkreis leben Katzen, die einem alten Mann Gesellschaft leisten. Doch der erwachsene Sohn, der mit im Haus wohnt, misshandelt die Tiere, besonders die Kitten der unkastrierten Katzen. Was zunächst kaum vorstellbar schien, wurde durch die Dringlichkeit in ihrer Stimme so untermalt, dass mir klar war: Ich musste es genauso ernst nehmen, wie sie es schilderte.

An diesem Morgen hatte sie in einem Nebenzimmer ein winziges, nasses Kitten auf dem Boden entdeckt, panisch zurückgelassen von der Mutterkatze, die längst wusste, was dort immer wieder geschieht. Weil meine Bekannte ebenso wusste, was dem Kleinen bevorstand, steckte sie ihn kurzerhand, entschlossen, in ihre Tasche. Nachdem sie ihre Arbeit vor Ort beendet hatte, saß sie weinend im Auto und rief mich an, um Hilfe zu bitten.

Ich direkt zur Polizeistelle, schilderte die Situation, rief zusätzlich das Veterinäramt an, und innerhalb von 30 Minuten waren beide Institutionen vor Ort. Doch die Hilfe kam bereits zu spät. Der Sohn hatte die Kleinen schon in Schraubgläsern zu Tode gequält und ihrem langsamen Sterben zugesehen. Da lagen sie: winzig, hilflos, regungslos – tot.

Wie schon unzählige Generationen vor ihnen hatten auch diese Babys keine Chance auf ein Leben. Ihr Tod war nichts als Belustigung für einen Menschen ohne Respekt vor dem Leben, der Recht nicht von Unrecht unterscheiden kann und Befriedigung im Leid anderer sucht. Wie viele Kitten er schon auf dem Gewissen hat, wissen wir nicht – doch eine gruselige Sammlung verschlossener Gläser aus der Vergangenheit sprach Bände.

Das kleine Katzenbaby kam gemeinsam mit Mutter, Tante und vermutlich dem Vater in unsere Pflegestelle. Keine Tiere verblieben in dem Haus. Doch die Mutterkatze konnte mit ihrem Kitten nichts anfangen, zu viele Male hatte man ihr zuvor ihre Babys entrissen und vor ihren Augen zu Tode gequält. Er war auf Flaschenfütterung durch uns angewiesen. Wir nannten ihn Elton, nach Elton John und seinem Song „I’m still standing“.

Elton wuchs, spielte, kuschelte und genoss die Nähe zu uns. Doch in Woche 3 fiel auf: Der große Kopf kam nicht von einem Wachstumsschub. Die Diagnose unseres Tierarztes war niederschmetternd: „Wasserkopf. Da kann man nicht viel machen, außer es in der Tiermedizinischen Hochschule versuchen – dort sind Spezialisten.“ Ein Termin wurde vereinbart, doch schon vorher traten Ausfallerscheinungen auf. Die Flüssigkeit im Kopf drückte auf das Gehirn, er wurde müde und orientierungslos.

In der Tiermedizinischen Hochschule Hannover wurde er notfallmäßig aufgenommen. Untersuchungen zeigten eine Entzündung im Kopf, ob Ursache oder Symptom des Wasserkopfes, ist unklar. Die Bearbeiterin des Veterinäramts war von Anfang an mit Herzblut dabei. Wir standen in engem Austausch, berieten Möglichkeiten und hielten Kontakt mit dem Neurologie-Team in Hannover. Noch am Donnerstag sagte sie mir wortwörtlich zu, dass das Vetamt die Behandlung unterstützt, Elton habe nach allem seine Chance verdient. Am Wochenende sollte er in die Pflegestelle zurückkehren, wo die Behandlung mit Antibiotika und Cortison weitergeführt werden sollte.

Am Freitagmorgen dann die erlösende Nachricht aus Hannover: „Es geht ihm deutlich besser, die Therapie schlägt an. Sonntag kann er zurück.“ Ein Hoffnungsschimmer für alle Beteiligten. Man spürte die Erleichterung, sowohl bei den Ärzten, die Elton längst ins Herz geschlossen hatten, als auch bei uns, die ihn schmerzlich vermissten.

Am Sonntag durfte Elton endlich in seine Pflegestelle zurück. Dort macht er langsam Fortschritte: Er frisst gut, krabbelt in seinem Auslauf, spielt, beißt in Kuscheltiere und unsere Finger. Noch ist er wackelig, das Köpfchen schief, der Druck im Kopf nicht verschwunden. Aber er hat diese Chance verdient. Denn Leben ist nicht immer perfekt, und gerade kleine oder große Defizite machen uns zu dem, was wir sind: Individuen.

Solange Elton kämpft, Fortschritte zeigt und Freude an den einfachen Dingen des Lebens hat, werden auch wir kämpfen – und an seiner Seite stehen. Mit einer Familie an der Seite die ihn lieb hat und alles für ihn tut.

……………

Doch manchmal kommt es alles anders.

Heute verschlechterte sich Eltons Zustand leider wieder und Eltons Familie musste gemeinsam mit der behandelnden Neurologin entscheiden ihm Flügel zu schenken. Bis zum letzten Herzschlag war er in ihre Arme gekuschelt.

Eltons Geschichte darf nicht in Vergessenheit geraten. Loslassen ist schwer, aber manchmal die einzige Möglichkeit einem Tier zu helfen.

Danke Natalie und Michel, dass ihr euch für dieses kleine Lebewesen so aufgeopfert habt, seine Geschichte mit euch getragen habt und ihn eure Familie aufgenommen habt.