nur für Notfälle:  0176 / 70914819

Ein Fall mitten in Deutschland

Aus Respekt vor der Arbeit der örtlichen Behörden geben wir absichtlich nicht den Landkreis an, in dem unser neuer Fall sich abgespielt hat. Leider wurden immer wieder in der Vergangenheit unterschiedliche Ämter aus komplett falschen Landkreisen angeschrieben.

Also… ein Fall mitten in Deutschland!

-Glitzer in Rouladensoße und Durchfall-

Heute möchte ich euch nochmal mitnehmen, denn die Tierhilfe seid ihr alle da draußen…

Mitnehmen… in ein Haus, auch in eine Situation und in die Gedanken, die mich seit Stunden nicht mehr loslassen.

Der „Fall“ war schon länger bekannt.

Man wusste, dass dort Katzen leben.

Man wusste, dass die Besitzerin psychisch schwer erkrankt ist.

Man wusste, dass sie Betreuung hat, dass Ämter informiert sind, dass Nachbarn sich aufopfernd kümmern, dass verschiedene Stellen aufspringen, verzweifelt zurückspringen, weil sie wieder warten müssen… Ja, sie müssen. Weil einfach alles an irgendwelche bürokratischen Bestimmungen gebunden ist.

Und wir wussten auch: Wir dürfen nicht rein, bis der Beschluss vorliegt, der Frau offiziell helfen zu können.

Und dann kam gestern die Nachricht, die jedem Menschen, der Tiere liebt, den Boden unter den Füßen wegreißt:

Ein Katzenbaby ist gestorben.

In dem Moment war klar: Ich fahre los.

Egal wie spät, egal wie weit, egal wie schwierig es wird.

Also bin ich eingestiegen, 1,5 Stunden Fahrt vor mir… es war dunkel und mein Kopf war voller Fragen und wilder Gedanken. Wild, eins meiner neuen Lieblingswörter.

In welchem Zustand sind die Katzen?

Wie sieht das Haus aus?

Wie geht es der Frau heute?

Wird sie mich überhaupt reinlassen?

Wie schlimm wird es?

Wie gefährlich ist sie heute?

Und wie viele Katzen warten dort wirklich?

Solche Einsätze fährt man nicht gedankenlos und abgestumpft an.

Auch nicht, wenn man seit Jahren Tierschutz macht.

Wisst ihr was? Eigentlich ist es sogar eher das Gegenteil! Je mehr man gesehen hat, desto mehr weiß man, was einen wirklich erwarten kann.

Was bleibt dir als einzelner, kleiner Mensch mehr als ein

„Bitte lassen Sie mich rein“ ?

Ich hatte keinen Beschluss.

Keine Polizei.

Heute vor Ort kein Amt an meiner Seite.

Nur mich, wunderbare Menschen, die dort Nachbarn waren, viele Mitfieberer am Telefon und die Hoffnung, dass sie mich reinlässt.

Da stehst du dann.

In deinen Glitzerschuhen.

Vor einem Haus, in dem ein Mensch einsam im selbstgebauten Chaos lebt.

Ein Mensch, dem das auch noch unangenehm ist, der sich schämt, der überfordert ist, der sich nicht mehr helfen kann oder helfen lassen will… der aber trotzdem irgendwie die Tür öffnen muss, damit du überhaupt irgendetwas tun kannst.

Zum Glück standen die Nachbarn schon vor dem Haus.

Liebe Menschen, die seit Monaten versuchen, dieses Elend sichtbar zu machen.

Die sich kümmern, obwohl sie das nicht müssten.

Die mit der Frau sprechen, beruhigen, erklären, bitten:

„Lass sie rein, sie möchte nur helfen.“

Und irgendwann ging das Hoftor auf.

Bereits die Einfahrt war von leeren Milchtüten gepflastert.

Der Geruch schlägt dir ins Gesicht

Schon auf dem Hof lief eine Katze herum.

Der Eingang war mit Brot, Müll und Pappe versperrt.

Die Tür ging kaum auf.

Und dann kam dieser Geruch.

Dieser Geruch, der sich in deine Klamotten frisst, in die Haare, in die Haut..

Dieser Geruch, der dich würgen lässt, den du aber irgendwie kontrollieren musst, weil du niemanden beschämen willst.

Das Haus war ein einziges Messie-Chaos.

Der Boden klebte, alles war voll mit Müll, Essensresten, Flaschen, Verpackungen.

Es war kalt, dunkel, klamm.

Die arme Frau lebte dort.

Schlief dort. Aß dort. Atmete dort.

Und irgendwo mittendrin versuchten Katzen zu überleben.

Die Mutterkatze und zwei Kitten waren zum Glück schon bei den Nachbarn gesichert worden.

Aber wir wussten: Im Haus sind noch mehr Tiere.

Mindestens eine ausgewachsene Katze.

Und heute bin ich sicher, wahrscheinlich noch weitere. In Räumen, in die ich nicht durfte.

Denn so sehr sie wollte, so sehr sie sich schämte. Einige Türen blieben zu.

Das tote Kitten lag hier noch in meinen Gedanken und vielleicht noch viele mehr.

Ich habe versucht, die anderen einzusammeln.

Zwischen Müllsäcken und klebrigem Boden, zwischen Lärm und Unruhe, zwischen Gesprächen mit einer Frau, die gleichzeitig Angst hatte, wütend war, überfordert und krank.

Und ja, manchmal auch laut wurde, schrie, unberechenbar reagierte.

Es ist psychisch nicht leicht, in solchen Situationen ruhig zu bleiben… aber du musst.

Am Ende des Abends hatten wir vier Leben gesichert.

Zwei Erwachsene.

Zwei Kitten.

Und trotzdem: der Gedanke an die Frau lässt dich nicht los

Ich bin nach Hause gefahren, froh über die vier geretteten Leben.

Froh, dass sie jetzt warm, sicher, satt und medizinisch versorgt sind.

Aber ich konnte nicht schlafen.

Denn da war dieser andere Gedanke:

„Was ist mit der Frau?“

Ein Mensch, der in all diesem Chaos wohnt. Der kaum Licht hat.

Der in kalten, klammen Klamotten vor dir steht.

Der alleine nicht mehr herauskommt.

Der abhängig ist von Systemen, Terminen, Beschlüssen, Bestimmungen.

Und der trotzdem jede Nacht in diesem Haus schläft.

Und da war noch ein Gedanke:

„Was ist mit den anderen Katzen?“

Dieser Raum hinten rechts, hinter der Küche.

Der Raum, in den ich nicht durfte.

Der Raum, dessen Geruch ich immer noch in der Nase habe, während ich das hier schreibe.

Der Raum, in dem es wahrscheinlich noch mehr Katzen gibt… aber für den Moment kann ich dafür nichts tun.

Und das zerfrisst dich ein bisschen, auch wenn du weißt, dass du heute vier Leben gerettet hast.

Es war nicht genug… aber es war alles, was heute möglich war.

Solche Einsätze brechen dir das Herz ! Nicht nur für die Tiere, sondern auch für die Menschen.

Niemand lebt freiwillig so.

Niemand versinkt freiwillig in Müll und Dunkelheit.

Niemand entscheidet sich freiwillig für so viel Einsamkeit.

Es sind die Fälle, die vor unseren Augen passieren! Jeden Tag, überall in Deutschland und ja, viel zu oft übersieht man sie.

Wir werden für diese vier Katzen alles tun.

Sie versorgen, aufpäppeln, medizinisch behandeln, später ein Zuhause suchen.

Aber vergessen werde ich die Frau nicht.

Oder diesen Raum hinter der Küche.

Nicht heute.

Wahrscheinlich lange nicht.

Aber ich weiß, dass da bald Hilfe naht und das Geheimnis des letzten Raumes schon ziemlich bald gelöst wird.

Die ausgewachsenen Katzen befinden sich in einem guten Ernährungszustand, leiden nur unter starkem Flohbefall.

Bitte unterstütze unsere Arbeit!

Per Überweisung auf unser Bankkonto:

EMPFÄNGER – Tierhilfe Wolfsburg e.V.

IBAN – DE 61 2695 1311 0011 0661 07

BIC – NOLADE21GFW

BETREFF – SPENDE

Per PayPal an:

tierhilfe.wolfsburg@t-online.de